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Neue Europäische Richtlinie fordert Konformitätsstufe WCAG 2.0 AA

Montag, den 10. Dezember 2012 um 15:52 Uhr

WeltkugelDie Europäische Kommission hat am 3.12.2012 eine "Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen" vorgeschlagen. Alle Mitgliedstaaten hatten bereits die "Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (Web Content Accessibility Guidelines - (WCAG))" der Web Accessibility Initiative des W3C in irgendeiner Form als verpflichtend für Webseiten von öffentlichen Stellen in ihrer jeweiligen nationalen Gesetzgebung festgelegt. In einigen Ländern gilt bisher jedoch nur die "WCAG-Konformitätsstufe A" als verpflichtend. Mit dem Vorschlag für die neue Richtlinie "COM(2012) 721 final 2012/0340 (COD)" soll sich dies ändern: alle Mitgliedstaaten sollen die Konformitätsstufe AA verbindlich erfüllen. Ziel ist es, dadurch den europäischen Markt weiter zu harmonisieren. In Kraft treten soll die Richtlinie am 30. Juni 2014 und von allen Mitgliedstaaten bis spätestens zum 31. Dezember 2015 umgesetzt werden. In Deutschland ist dies mit der "Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0" bereits seit längerem erfolgt. Die hierin geforderte Prioritätsstufe I entspricht der "WCAG 2.0-Konformitätsstufe AA".

Auch die USA – ehemaliger Vorreiter in Sachen Barrierefreiheit von Informations- und Kommunikationstechnologien – werden dem deutschen und europäischen Beispiel folgen und in ihrem "Neuentwurf der Section 508" voraussichtlich die Konformitätsstufe AA für öffentliche Webseiten festschreiben.

Bisher war in den USA nur Stufe A festgeschrieben. Aufgrund internationaler Zusammenarbeit ist dieser Neuentwurf an vielen Stellen an die künftige europäische Norm "EN 301 549" angelehnt. Diese im Rahmen des Normungsauftrags Mandat 376 auszuarbeitende europäische Norm über "Zugänglichkeitsanforderungen für öffentliche Beschaffungen von Produkten und Diensten im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie in Europa" enthält ebenfalls die "Richtlinien für barrierefreie Webinhalte 2.0" als wesentlichen Bestandteil und berücksichtigt die Erfolgskriterien der WCAG-Stufen A und AA.

Einige Anbieter von Webinhalten hatten bisher allenfalls die Erfolgskriterien der WCAG-Stufe A als ausreichend angesehen. Die zusätzlichen Anforderungen der BITV wurden von diesen eher ablehnend betrachtet. Die internationale Entwicklung holt nun diese sehr einfache Betrachtung von Barrierefreiheit ein. Zumindest Webseiten öffentlicher Stellen werden europaweit demnächst die BITV-Priorität I beziehungsweise WCAG2.0-Konformitätsstufe AA erfüllen müssen.

Allerdings: Gegenstand und Anwendungsbereich der "Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu Websites öffentlicher Stellen" sind nicht wie in der BITV alle Webseiten öffentlicher Stellen. Es wird in Artikel 1 lediglich Zugänglichkeit der Inhalte bestimmter Arten von Websites gefordert. Hierzu gehören:

Die Mitgliedstaaten können den Anwendungsbereich der Richtlinie jedoch auf andere als die Websites öffentlicher Stellen erweitern. Zudem soll als zusätzliche Maßnahme eine Ausweitung des barrierefreien Zugangs auf andere Websites des öffentlichen Sektors gefördert werden. Ebenfalls als zusätzliche Maßnahme sollen die Mitgliedstaaten darauf hinwirken, dass die betroffenen Websites eine Erklärung zu ihrer Barrierefreiheit abgeben und dass die Websites möglichst zusätzliche Zugänglichkeitsinformationen enthalten, um die Nutzer zu unterstützen. Auch dies ist in Deutschland teilweise bereits durch Paragraph 3 und die Anlage 2 der BITV umgesetzt.

Neu sind jedoch Forderungen zur Überprüfung von Barrierefreiheit. In Artikel 7 wird gefordert, dass die Mitgliedstaaten fortlaufend überwachen, inwieweit die betroffenen Websites den Anforderungen an einen barrierefreien Webzugang genügen. Die Mitgliedstaaten sollen jährlich über die Ergebnisse der Überwachung Bericht erstatten. Hierbei bleibt der Mechanismus für entsprechende Überprüfungen und eine Bestimmung der zuständigen Behörden zwar im Ermessen der Mitgliedstaaten, nicht jedoch die anzuwendende Methode. Die Kommission soll demnächst im Wege von Durchführungsrechtsakten die Methode festlegen, mit deren Hilfe überwacht wird, ob die betroffenen Websites den Anforderungen an einen barrierefreien Webzugang genügen. Eine Beschreibung der Methode wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Bisher gibt es allerdings noch kein solches europäisches Prüfverfahren für Barrierefreiheit von Webseiten. Auch Spezifikationen von harmonisierten Anforderungen, welche die Zugänglichkeit der betroffenen Websites sicherstellen, sollen künftig über delegierte Rechtsakte der Europäischen Kommission erfolgen können.

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